Logbuch

Mittwoch, 7. Juni 1999

Der erste Tag


Meine erste Tat an Bord,
nach dem ich vergeblich versuchte das Logbuch
auf dem Computer zu führen.!

Montag, 21. Juni 1999

Natürlich haben wir einen typisch schweizerischen Sommertag erwischt um die Aenea II für den Transport nach Südfrankreich zu verladen. Es hat den ganzen Tag nur einmal geregnet.

  Sonntag, 28. Juni 1999

Endlich geschafft! Nach den hektischen letzten Tagen während denen wir das Schiff aufgeriggt haben, liegt die Aenea II jetzt auslaufbereit im Hafen von Port Napoleon. Das Abenteuer kann beginnen.

Freitag, 30. Juli 1999

Das Schiff ist segelklar und bereit für den traditionellen "Herren-Wochenende". Details im Törnbericht. Dieser dauerte dieses Jahr etwas länger nämlich 4 Tage.

Unsere Tochter kam auch noch auf Kurzbesuch und somit verschob sich das definitive Lossegeln

Dienstag, 10. August 1999

Wir verlassen Port Napoléon Richtung Sardinien. Windrichtung N-NO (Direktkurs) Stärke 4-5 (wundervoll zum Einsteigen).

Jedoch haben wir die Rechnung ohne den Mistral gemacht. Der Wind frischte auf auf Stärke 7-8 und die Wellen nahmen zu bis zu 5 m. Wir hofften auf den Morgen mit abnehmendem Wind aber die Windstärke blieb und der Wetterbericht für Bonifacio versprach keine Besserung im Gegenteil noch zunehmend. Zwar verhielt sich das Schiff tadellos und auch unsere Moral war nach wie vor intakt. Hingegen meldete sich die Müdigkeit und nach ca. 2/3 Weg, entschieden wir abzudrehen und über das Nordkap von Korsika zu segeln. In der Zwischenzeit haben wir uns von Brot und Wasser ernährt. Die Küche war auf moderateres Wetter eingestellt.

Auch die Gesässbacken meldeten sich und wir wussten kaum mehr wie sitzen.

Nach 40 Stunden ununterbrochen auf See und dies bei so strapaziösen Windstärken erreichten wir am 12. August abends um 19.00 Uhr Campoloro.

Donnerstag, 12. August 1999

Campoloro: Alle anderen Häfen waren besetzt. Obwohl die Hafenleute nicht besonders freundlich sind, bleiben wir 2 Nächte. Benutzten die Zeit um das Schiff zu entsalzen, alles zu kontrollieren. Waschtag innen und aussen usw. usw.

Das ganze kann man in einem Wort zusammenfassen: ARBEIT oder in unserem Fall: Segeln macht Spass

Samstag, 14. August 1999

Am 14.8. fuhren wir wieder los bei schönem Wind jedoch gerade auf die Nase Richtung Porto-Vecchio. Und hier sind wir nun seit 3 Tagen. Liegen vor herrlicher Kulisse in der Bucht vor Anker. Schauen den kommenden und gehenden Schiffen zu. Haben mal viel Wind manchmal keinen. Jedoch immer Sonne. Aber auch hier gibt es immer etwas zu tun, was sicher für alle Skipper keine Neuigkeit ist.

Frage: Warum werden Arbeiten rund ums und im Haus nicht so prompt erledigt? Weil das Haus nicht davonsegelt!

Sonntag, 15. August 1999

Am Sonntag waren wir auf Landgang, per Zufall sahen wir wie ein anderes Schiff an der Aenea lag. Erster Gedanke, da räumt uns jemand das Schiff aus. Wir hetzten zu unserem Dingi und fuhren sofort zurück. Mit dem Padel bewaffnet stürzte Rinaldo an Deck. Ein verängstiger Skipper erklärte, dass er beim Ankern die ganze Kette auf den Anker gehäuft hatte und somit der Anker nicht greifen konnte. Sein Boot drieftete auf unseres. Zudem konnte er den Motor nicht starten, weil der Anlasser kaputt war. - Eine Weile schauten wir zu, dann bat ihn Rinaldo doch unter Segel zu ankern und wir würden in der Nähe bleiben. Als der Anker wieder ruschte, wollten wir helfen, dabei geriet unsere Dingi-Leine in die Schraube jetzt hatten wir den Aerger. Gott sei Dank ist Rinaldo Taucher und er konnte nach etwa 1 Std. das letzte Stückchen Seil wegschneiden.

Das "Schadenschiff" wartete dann bis ein Mechaniker kam, am Montagmittag liefen sie aus ohne Adieu oder Dankeschön.

Samstag , 21.August 1999

Wir verlassen Porto Vecchio und segeln nach Caprera.In der Bucht von Garibaldi gehen wir vor Anker.Caprera ist ein traumhaftes, malerisches Eiland und gehörte Giuseppe Garibaldi (1807-1882 ).Garibaldi welcher von vielen Italienern wie ein Volksheld verehrt wird ,ging am Ende seiner Kariere, freiwillig auf diese Insel ins Exil.Sein Anwesen konnten wir besichtigen und beeindruckte uns sehr.

Freitag , 27.August 1999

Heute fahren wir nach Maddalena, der Hauptinsel des gleichnamigen Archipels. Es ist ein zurückkommen nach gut 28 Jahren. Nostalgie pur. Das Stätchen hat sich nicht gross verändert, auch die Menschen sind Fremden gegenüber nach wie vor aufgeschlossen und manchmal sogar äusserst herzlich einnehmend.

Trotzdem hatte ich da auch meinen " Frust ". Beim früher erwähnten Sturm ist eine Schweissnaht an der Dingi-Halterung gerissen. Nichts Ernsthaftes - aber es musste eben gemacht werden. Mit Hilfe vom Hafenmeister haben wir schnell einen Schweisser gefunden und obwohl es Freitagabend war kam Sergio noch aufs Boot und versprach die Halterung tagsdarauf (doppo pranzo) zu schweissen. Es wurde Nachmittag, es wurde Abend - aber siehe da Sergio kam mit Schweissgerät und Allem. Aber da war kein Stromanschluss! Dann die Erleuchtung. Der Kran im Hafen, die einzige Stelle wo es Strom gab.Wir gingen hin und erklärten unser Problem. Auf unsere Frage, ob wir mit unserem Schiff eine halbe Stunde anlegen dürfen - wurde heftig genickt. Sie sind halt wirklich lieb ,diese Italiener.

Der Schaden war schnell behoben - fachmännisch - einfach toll. Sergio verlangte 60 000 Lire. Mehr als nur anständig. Mit dem Capo vom Kran tranken wir noch 2 Flaschen Bier und bedankten uns aufs herzlichste für sein Verständnis. Als wir uns verabschieden wolten meinte er: "Ich krieg noch was Geld von euch.......150 000 Lire". Auf die Frage ob er scherze, kam ein präzises Nein..... was glaubt ihr wohl, wo ihr sonst Strom bekommen hättet? Es folgte ein langes Palaver bis er meinte 100 000 müssten es aber sein.Wir gaben ihm dann 50 000 mehr hätten wir im Moment nicht. Rest später. Wir lagen noch 3 Tage im Hafen aber der Capo zeigte sich nicht Länger können wir nicht warten und es werden wohl wieder 28 Jahre ins Land ziehen. Dies war eben der EINE andere Italiener....schade.

Dienstag, 31. August 1999

Wir ankern in der Bucht von Porto Pozzo. In einiger Entfernung liegt ebenfalls eine Yacht mit Schweizerflagge. Über Kanal 16 versuchen wir eine Verbindung herzustellen und siehe da, eine temperamentvolle Stimme meldet sich. Mario und Alice sind hier auf einem Urlaubstörn und heute feiert er seinen 61. Geburtstag. Dies ist ein zusätzlicher Grund die beiden zum "Sundowner" einzuladen. Marios Geschichten und Anekdoten, die er feurig gestikulierend und mit rollenden Augen erzählte, waren abendfüllend. Eine davon wollen wir Euch nicht vorenthalten. Man muss wissen, Mario ist ein leidenschaftlicher Angler und er kann sein Schiff nicht bewegen  ohne mind. 3 Leinen nachzuziehen. Einmal da hatte er einen enormen Zug auf der Angel. Er kämpfte mind. eine Stunde um den Fisch müde zu machen. Alleine konnte er den niemals schaffen. Er rief Alice, die schon mit dem Netz bereitstand. Endlich hatte er ihn längsseits und "hohruck" der glitschig, graue Körper lag im Cockpit. Aber oh Schreck, in der Hitze des Kampfes hat Mario gar nie bemerkt, dass er sich um einem grauen halbgefüllten Abfallsack bemühte.

Freitag , 3. September 1999

Anker auf. Wir segeln Richtung Süden. Auf der Höhe Palau befinden wir uns plötzlich inmitten von "Oldtimer"  Yachten. Wir realisieren, dass es sich um die weltbekannte Regatta, die alljährlich vor Porto Cervo stattfindet, handelt. Majestätisch rauschen diese wunderschönen "alten Damen" dem Ziel "Porto Cervo" zu.

Wir hingegen fahren weiter bis Arbatax. Von hier aus nehmen wir Kurs Richtung Sizilien.

Zwischenzeitlich haben wir aber noch einen schwereren Anker montiert und somit können wir noch ruhiger vor Anker liegen.

Freitag, 17. September 1999

Kurs liegt an. 190 sm bis Sizilien. Da eine gute Backstag-Brise ansteht, setzen wir den Blister II. Unter dem Schweizerkreuz kommen wir gut vorwärts.

Leider legt sich in der Nacht auch der Wind schlafen und in der Dünung "tümpeln" wir mit schlagenden Segeln. - Jedoch der neue Tag bringt auch wieder den Wind, der den ganzen Tag anhält und die Nacht brachte uns ein ganz besonderes Erlebnis.

Kurz vor Sonnenuntergang kam eine Schwalbe und ruhte sich aus. Nicht sehr lange, denn dann flog sie ins Schiff hinein. Hier inspizierte sie es von vorne  nach hinten, verliess es durch das Achterluck und entschwand. Nur wenige Minuten später kommt sie in Begleitung wieder zu uns. Beide Schwalben liessen sich beim Niedergang nieder und diskutierten lautstark und dann begutachteten sie gemeinsam nochmals das ganze Schiff hatten  wieder eine Diskussion auf dem Schiff um sich dann endgültig im Salon niederzulassen. Da blieben sie die ganze Nacht, liessen sich durch uns überhaupt nicht stören. Im Morgengrauen machte sich die eine Schwalbe dankend auf den Weg, die andere (wahrscheinlich das Männchen!!) schlief noch eine Stunde, putzte sich das Gefieder und flog zwitschernd in den sonnigen Himmel.

Sonntag, 19. September 1999 Gegen Mittag erreichen wir Ustica. Eine kleine Vulkan-Insel, die vor ca. 2000 v. Chr. besiedelt wurde. Diese Insel hat eine schreckliche Geschichte der Name "Osteodes" Knocheninsel (die Griechen nannten sie so nach den Ueber-resten von 6000 karthagischen Soldaten, die nach einer Meuterei hier ausgesetzt wurden und an Hunger und Durst starben) oder "Ustum" , die Verbrannte (wie die Römer sie nannte), lassen ahnen was sich auf Ustica abspielte.

Insel und Wasser sind ein Stück Paradies (für Taucher ein Juwel), das unter Naturschutz steht.

Dienstag, 21. September 1999 Palermo Die Stadt in der "Goldenen Bucht, umringt von Bergen. Wegen ihrer malerischen Lage wurde sie von den Phöniziern auch "Ziz" - Blume - oder auch die Glückliche, aber dies wegen dem milden Klima und den üppigen Gärten in der Umgebung, genannt.   Leider kann diese Stadt heute nicht mehr so lieblich beschrieben werden.  Aber nach wie vor ist Palermo schon alleine wegen ihrer vielen Kunstschätze, ihren zahlreichen Sehenswürdigkeiten, die ganze vier Geschichtsepochen widerspiegelt, eine Reise, respektive ein längerer Aufenthalt Wert.
     

Wir haben uns Zeit und Musse genommen viele dieser Sehenswürdigkeiten zu besuchen auch aussergewöhnliche Orte wie z.B. das Kapuzinerkloster. Die Kirche und das Kloster der Kapuziner entstand 1621. Berühmt sind die Holzaltäre aus dem 18 Jh.

Doch verdankt dieser eindrucksvolle Gebäudekomplex seinen Ruhm vor allen Dingen den Katakomben (oder der Kapuzinergruft), die seit Beginn des 17. Jh. bis 1881 als Begräbnisort für die bedeutendsten Einwohner von Palermo gewählt wurde. In den Gängen der Gruft, die jeweils Geistlichen, Frauen und berufstätigen Bürgern vorbehalten waren, gibt es heute noch Tausende von Körpern, die meistens in Skelettform, einige als Mumien, einige wenige einbalsamiert, alle haben sie ihre Kleider an, viele stehen aufrecht, andere sitzen, noch andere sind in Urnen oder Bahren beigesetzt. Der Gesamteindruck ist überwältigend, eine gleichzeitig feierliche und makabre Vision, die ein Brauchtum bezeugt, das in den wohlhabenden Schichten Palermos für lange Zeit zur Tradition geworden war. Letzte Beisetzung eines mumifizierten Kindes 1918.

Sonntag, 10. Oktober 1999

(Küste Zingaro)

San Vito Lo Capo ist ein kleiner Ort in einer malerischen Gegend im Westen Siziliens mit einem weissen 500 m langen Sandstrand, der jeden Morgen gereinigt wird und kristallklaren Wasser, ebenso kann man auch stundenlang wandern im nahen Naturreservat "Zingaro".

(Champagnerbad)

Wer dann müde Füsse hat steigt hinunter ans Meer wo kleine Buchten zum Baden einladen. In dieser Jahreszeit ist schwimmen im azurblauen Wasser prickelnd wie "ein Bad im Champagner".
Wir entschlossen uns für die beiden Tauchkurse hier in San Vito zu bleiben. Das saubere Wasser und die Infrastruktur des Hafens waren ideal. Daniel ein 13-jähriger Jünger Neptuns wollte den "Junior Open Water Dive Kurs" bei mir machen. Und mein Freund Roger den "Advanced". Die Zehn Tage Ausbildung vergingen wie im Flug und Vater und Sohn sind um eine Erfahrung reicher (sie bestanden mit Bravour).
Wir hatten eine tolle Zeit zusammen. Durch den Tag hindurch wurde hart gearbeitet und am Abend verwöhnte uns Roger mit seinen Grilladen.

 
San Vito wird auch als Touristenort beschrieben und wir trafen auch tatsächlich viele Landsleute, die hier ihre Ferien verbringen. Wie der Zufall so will, trafen wir Doris und Martin aus Iseltwald. Dieser Ort der Erholung liegt im Berner Oberland ganz nahe bei Interlaken, wo ich einen grossen Teil meiner Jugend verbracht habe. Natürlich gab es da viele Berührungspunkte und die Tage wurden nicht lang. Wer diese beiden liebenswerten Menschen kennenlernen möchte, findet sie in Iseltwald in ihrem heimeligen Chaletgasthaus "Edelweiss". (edelweiss@tcnet.ch)
Zwischendurch kommt auch immer wieder eine neue Yacht in den Hafen, auf dem "Heimweg" ins Winterlager in Spanien oder Frankreich. So ein Nachzügler war auch die Segelyacht IBSA. Mit Werner und Hermann haben wir herrliche Stunden verbracht. Es wurde gefachsimpelt und viel gelacht. Die Beiden sollten eigentlich schon seit einer Woche in Gibraltar sein, aber das Wetter ..... ! Man kann in einem Segelboot eben nicht nach Fahrplan reisen. Man ist unterwegs wie zur Zeit der alten Postkutschen.
Werner hat sich in San Vito so wohl gefühlt, dass er sich kurzerhand entschloss das Boot den Winter über dazulassen und von hier aus nach Hause zu reisen.

Freitag, 29. Oktober 1999

(Mattanza)

(Giuseppe il pescatore)

Zur Zeit befindet sich die AENEA II in Favignana, einer Insel im äußersten Westen von Sizilien. Bekannt wurde diese Insel durch die "Mattanza". Das bedeutet Thunfische werden in grosse Netze getrieben und dann von den Fischern totgeschlagen. Diese Art Thunfische zu fangen hat alte Tradition und wurde schon von den Phöniziern so gehandhabt. Heute stehen die alten Thunfischfabriken leer und die "Mattanza" dient nur noch touristischen Zwecken. Ich finde es grausam sowie ich auch den Stierkampf nicht mag.

Samstag, 6. November 1999

Wir laufen in den Hafen von Marsala ein. Wir gehen nicht in die Marina, sondern legen uns zwischen die Fischerboote an die Mole. Es ist wieder herbstlicher Sturm angesagt und wir werden hier wohl eine Woche lang besseres Wetter abwarten müssen. Schlußendlich lagen wir dann über 3 Wochen in Marsala. Alte Fischer wissen zu erzählen, dass die Herbststürme dieses Jahr besonders heftig sind und vor allem seit vielen Jahren nicht mehr so lange andauerten.
Aber die Zeit wurde uns nicht lang. Schon am ersten Tag stand plötzlich ein Mann an der Mole. Salvatore überreichte uns eine gute Flasche Marsala-Wein.
Zwei Tage später hatten wir einen Schwatz mit einem Fischer über die Reling und plötzlich meinte dieser: "Wartet, in fünf Minuten bin ich zurück". Er brachte Cappucco und Dolce. So erleben wir hier in Marsala jeden Tag eine nette Überraschung.
Und nun das Schäumchen auf dem Kaffee:
Meine Klampen auf dem Achterdeck waren mit 6 mm Schrauben befestigt. Aufgrund der stürmischen Winde in den letzten Tagen, entschloss ich mich, diese durch 10 mm Schrauben zu ersetzen. Ich kaufte daher 16 Niro-Schrauben. Die Erhältlichen waren leider 2 cm zu lang und ich hatte zwei Möglichkeiten, entweder zwei Stunden sägen von Hand oder einen Schlosser suchen. Ein Schlosser war schnell gefunden. Vito Vario, ein kleiner quirliger Sizilianer. Auch er brauchte trotz Maschinen über eine Stunde. Anstelle einer Bezahlung lud er uns zum Kaffee ein. "Von einem Langzeitsegler nehme ich doch kein Geld, " meinte er. "Für mich ist es eine Ehre, wenn Du mein schönes Sizilien besuchst".
Zwei Tage später steht Vito an der Mole. "Ich möchte Euch gerne meiner Familie vorstellen. Wenn es Euch recht ist, hole ich Euch heute Abend zum Essen ab". Oh, welche Freude. Natürlich nahmen wir die Einladung von Herzen gerne an. Es wurde ein richtiges sizilianisches Fest. Wein und Köstlichkeiten aus der Gegend was der Tisch nur tragen konnte. Mit Nonna, den 19-jährigen Zwillingen Antonia und Maria Pia (mit verlobtem Anhang), dem Sohn Mario, dem Hund Zeus und natürlich der freundlichen Gastgeberin Pia.
Als wir Marsala verliessen ... ich frage Dich, wer stand an der Mole ? .... Unser Vito mit zwei Kisten voll Orangen, Zitronen und Mandarinen zum Abschied.
Montag, 8. November 1999 Aber zunächst bleiben wir noch ein bisschen in Marsala. Das Wetter wird noch schlechter. Nordwestwind bis 44 Knoten. Dazu Regen in Strömen – waagrecht versteht sich – der sich mit der Gischt der anbrandenden Wellen von der anderen Seite der Mole vermischt. Bei jeder Böe übertragen sich die Vibrationen der Masten auf das Schiff und das Pfeifen des Windes in den Wanten geht in ein Brausen über. Die Festmacher, die wir vervierfacht haben ächzen. Ich sage jeweils: Es ist etwas Bewegung im Schiff. Das heisst an Schlaf ist in dieser Nacht nicht zu denken.
Bei einem Kontrollgang sehe ich zufällig, wie ein Mann vom Fischerboot hinter uns auf die Mole hinunterspringt. Aha, denke ich, es ist also nicht übertrieben Wache zu gehen, wenn sogar die Fischer nachts um ein Uhr kommen um ihre Schiffe zu kontrollieren.
Etwa eine Dreiviertelstunde später, ich döse gerade ein wenig vor mich hin, höre ich an Deck ein Geräusch das irgendwie nicht zu dem tobenden Wetter draussen passt. Wie ich durch den Niedergang an Deck komme, steht keine zwei Meter von mir entfernt eine dunkle Gestalt – Oii.... schiesst es mir durch den Kopf ...."jetzt hast du wohl ein Problem !" .... Wän’t waisch was i mein ....

Der Andere muss sich wohl noch mehr erschreckt haben, denn mit einem riskanten Sprung war er auf der Mole bei seinem wartenden Kollegen und beide rannten als ob der Leibhaftige hinter ihnen her wäre. Erkennen konnte ich nichts, so schnell wurden die beiden Gestalten vom stiebenden Regen verschluckt.
Noch keinen Monat ist es her, seit ich auf anraten eines Langzeitseglers den Aussenborder an der Heckreling mit einem Schloss gesichert hatte. Der Motor wäre jetzt weg. Das geht hier Ruckzuck.
Anderntags erfuhren wir, dass in dieser stürmischen Nacht bei zwei Fischerbooten, (bei dem hinter uns und einem anderen) die ganze Elektronik, Radar usw. ausgeräumt worden war.
Du siehst man erlebt allerhand.

Mittwoch, 10. November 1999

Gestern hat uns jemand am Quai angesprochen und sich sehr interessiert gezeigt. Wir baten ihn an Bord und bei einem guten Schluck Marsala zeigten wir ihm unser Schiff. Auch er hiess Vito und er war so beeindruckt, dass er fragte, ob er nicht mit dem Präsidenten Filippo Brugnone von der Lega Navale Italiana und einigen Freunden aus dem Vorstand nochmals vorbeikommen könnte. Es wurde ein äusserst interessanter und unterhaltsamer Nachmittag.
Am Abend kamen Filippo und Vito zurück und eröffneten uns, dass der Vorstand beschlossen habe, uns Langzeitsegler als Ehrenmitglieder in die Lega Navale Italiana aufzunehmen, mit der Bitte, das Gedankengut der Lega Navale auf unseren Törn mitzunehmen. Was wir sehr gerne tun werden. Filippo überreichte uns die Urkunde, den Clubstander, die Ausweise und eine Flasche eines ganz alten Marsalatropfens. Was sagt man dazu? Mir fehlen heute noch die passenden Worte.
Wir haben uns noch mehrmals getroffen und wir werden Freunde zurücklassen, wenn wir von Marsala weiter segeln.

(Urkunde, Ausweis und Clubstander)

Und nun möchte ich Euch noch etwas über "Kommunikation auf Yachten" erzählen.
Mein Freund Ludwig Drapalik mit Rufzeichen HB9CWA, bei dem ich meine Amateurfunkausbildung gemacht habe, ist zur Zeit mit seiner Yacht Eldorado unterwegs von der Südsee nach Australien. Leider gelang es mir bis jetzt nicht ihn über Funk zu erreichen.
Christoph DL9YCX ein Funker in Deutschland, der die Yachten unterwegs mit dem neusten Wetterbericht versorgt, erzählt mir unter anderem, dass er beinahe jeden morgen mit Ludwig über Funk spreche. Ich bat ihn Grüsse auszurichten und zu fragen ob Ludwig eventuell eine E-Mail-Adresse habe.
Tags darauf erhielten wir einen Anruf aus der Schweiz. "Hallo, hier ist Peter HB9KNW. Ich habe ein Mail von Ludwig in dem er mich bittet dir mitzuteilen, dass er sich zur Zeit 900 Seemeilen vor Australien befindet. Du kannst ihn erreichen auf Kurzwelle via Amateurmailbox in Neuseeland. Seine Mail-Adresse .... "
Ich setzte ein Mail ab und schon ca. sechs Stunden später hatte ich von Ludwig eine Antwort.
Ein kleiner Punkt irgendwo im Südpazifik war gefunden.
Freitag, 17.Dezember 1999

Abschied von Sizilien

Wir schreiben den 17. Dezember. Die Zeit wird jetzt knapp. Da wir unter Schweizerflagge segeln, müssen wir spätestens bis 20. Dezember die EU verlassen. Wir sind nun seit beinahe 6 Monaten in ihren Gewässern. Es war eine wunderbare Zeit von Frankreich über Korsika, Maddalena-Archipel, Sardinien nach Sizilien zu segeln. Sollten wir nämlich nach dem 20. Dezember noch im EU-Raum sein, gilt das Schiff als eingeführt und die Mehrwertsteuer von 20% wird fällig. Das muß man sich nicht unbedingt geben.

Alessandra mit der 2-jährigen Angelina ist an Bord und mir ist wichtig, daß wir eine ruhige Überfahrt nach Malta haben. Seit drei Wochen warten wir nun schon auf ein gutes Wetterfenster. Aber ein Tief löst das andere ab. Das nächste ist schon angesagt. Wegen des Zwischenhochs erhoffen wir uns für die nächsten 2 Tage eine Wetterberuhigung. Am späten Nachmittag raten uns heimkehrende Fischer loszusegeln. Trotzdem sind wir unschlüssig. Um 21.30 Uhr kommt noch das Fährschiff von Malta. Der Kapitän, ebenfalls ein Segler, bestärkt uns auszulaufen. Um 23.10 Uhr entschliessen wir uns für "Anker auf".
Wie es so ist, der Anker hängt in einer Kette und wir kommen nicht frei. In der Dunkelheit müssen wir nun eine Hilfsleine unter der Kette, in 7 m Tiefe, durchziehen, dann beide Enden straff an Bord belegen. Der Anker wird wieder gefiert. Da die Kette durch die Hilfsleine oben gehalten wird, können wir nun unseren "Eisenhaken" unter der Kette wegbewegen. Jetzt brauchen wir nur noch das eine Ende der Leine loszulassen.... und die Kette rauscht in die Tiefe. Kurz nach Mitternacht sind wir frei und laufen aus.

Samstag, 18. Dezember 1999

Die Nacht ist lau und bei 3-4 Beaufort segeln wir mit Vollzeug bei halbem Wind Richtung Malta.

Mit dem Morgengrauen nimmt auch der Wind stetig zu und stündlich werden wir gezwungen die Segelfäche zu verkleinern. Seit 3 Stunden laufen wir nun nur noch unter Fock und gerefftem Gross. Der Wind bläst nun aus NO mit 7 Windstärken und dementsprechend hoch sind die Wellen.

Ich entscheide mich für ein zusätzliches Reff. Margrit übernimmt das Ruder, obwohl sie seekrank ist. Ich begebe mich zum Mast und da passiert es.....Das Boot wird durch eine Welle auf die Seite gedrückt und da Margrit den Rhythmus des Seegangs noch nicht "intus" hat, schlägt der Baum auf die andere Seite. "In Fachkreisen wird das "Halse" genannt"!!!. Mittlerweile ist die Steuerfrau wieder auf Kurs, was wiederum bedeutet, Segel auf der falschen Seite. Ein zweiter Schlag. Dank der Baumbremse wird kein Want beschädigt.

Nicht schon wieder. Doch diesmal will Margrit den Baum abbremsen und dabei geschieht es. Der Baum knallt trotzdem auf die andere Seite und ich höre am Mast: " Der Arm ist weg". Ich bewege mich zurück ins Cockpit, stabilisiere das Schiff. Erst jetzt kann ich mich um den Arm kümmern. Ich stelle fest, dass der Arm entweder gebrochen oder ausgerenkt ist. Als erstes gilt es, ihn ruhig zustellen.

Dann realisiere ich, dass der Baumbeschlag am Mast gebrochen ist. Das Gross muss geborgen werden und ich lasche den schlagenden Baum am Mast fest.

Gegen Abend kommen wir in Funknähe von Valetta-Coastcontrol, melden uns an und schildern das Vorgefallene. Uns ist jedoch klar, dass bei diesem Seegang keine Hilfe anzufordern ist, obwohl La Valetta uns jegliche Unterstützung zusagt. Eine Übernahme auf See mit Schiff oder Helikopter wäre sehr riskant.

Malta verlangt, dass zum Einklarieren der Hafen von La Valetta angelaufen wird. Es ist verboten andere Häfen oder Buchten anzulaufen. Der Wind bläst nun seit einiger Zeit mit 8 Beaufort und der Seegang nimmt weiter zu und steht obendrein direkt in die Bucht von La Valetta. Wir erbitten Kursänderungserlaubnis, so dass wir im Windschatten der Insel den Morgen abwarten können.

Die Nacht wird lang. Bei Tageslicht arbeiten wir uns dann unter Motor in den Hafen von La Valetta.

Die "Officials" waren sehr hilfsbereit und schon 2 Std. nach Anlegen des Schiffes lag Margrit im Operationssaal. Der doppelt ausgerenkte Ellbogen war wieder "an seinem Platz", versehen mit einem schönen Gips.

Sonntag, 19. Dezember 1999
Nun sind wir also auf Malta in unserem "Winterlager".

Die Bucht von La Valetta ist nach Nord-Osten offen und dem gefürchteten Gregalwind ausgesetzt, der ein- bis zweimal pro Winter orkanartig einfallen kann.

Das damalige Treffen der Präsidenten Busch und Gorbatschow stand unter diesem schlechten Stern und musste abgebrochen werden, da es unmöglich war sich auf dem amerikanischen Kriegsschiff aufzuhalten.

Malta gehört zum Commonwealth (möchte aber in die EU aufgenommen werden) und man sagt, die Malteser seinen britischer als die Briten. Wir hingegen sehen sie eher als Araber, aber das resultiert wahrscheinlich aus dem maltesischen Dialekt den sie sprechen und der klingt alles andere als englisch.
Malta hat eine bewegte Geschichte und wenn meine Blicke auf die Festungen fallen, die die Hafeneinfahrten säumen fühlt man sich um Jahrhunderte zurückversetzt.
Die Insel hat nur 246 km2, kann also mit Leichtigkeit per Bus, diese haben schon antiquarischen Wert, erkundet werden. Will man dies mit dem Schiff tun, wird es schon schwieriger, denn Valetta Coastcontrol will genau wissen wohin man fährt, wie lange man bleibt etc. Liegt man schon mal vor Anker wird man sicher jeden Tag von einem Marineboot kontrolliert.
Da auch das Wetter nicht unbedingt zu Ausflügen einlädt, bleiben wir im Hafen und warten auf den günstigen Zeitpunkt zur Weiterreise..............